Madeiras Highlight: Gratwanderung vom Pico Arieiro zum Pico Ruivo (1862m)
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T2
03:45
13.6km
1185m
1185m
Feb-Nov
Der Höhepunkt des Madeira-Urlaubs ist sicherlich die Königstour von Pico Ariero zum Pico Ruivo. Dieser Panoramaweg verbindet die höchsten beiden Gipfel der Insel auf einem kühn angelegten Wanderweg mit unzählige Stufen, Aussichtspunkten, mehreren Tunneln, Leitern und einer kleinen Berghütte für den Zwischenstopp. Wahrlich spektakuläre Aussichtspunkte machen die Tour nicht nur zu einem unvergesslichen Erlebnis, sondern bieten unzählige Fotospots entlang der sehr abwechslungsreichen Route. Die ausgesetzten Stücke sind alle bestens gesichert, aber Trittsicherheit und Bergerfahrung sind sicherlich von Vorteil. Wir haben auf unserer Tour jedoch auch zahlreiche untrainierte, schlecht ausgerüstete und überforderte Wanderer gesehen, die mit ihrem Tempo dementsprechend die Route blockieren und den folgenden Wanderern viel Geduld abgefordert wird, da ein Überholen an vielen Stellen nicht möglich ist.
Nachdem ich versucht habe, meine Familie zum frühen Aufstehen zu überreden, schaffen wir es nach einer 45-minütigen Anreise aus Santana um 9:30 Uhr am Pico Arieiro zu sein. Da wir sehen, dass die Autos bereits am Parkplatz etwas unterhalb des Gipfels abbiegen, machen wir es ihnen nach und ergattern einen der letzten Parkplätze. Alle folgenden Autos parken sehr abenteuerlich oder entlang der Strasse. Es hat oben beim Gipfel und Restaurant einen weiteren Parkplatz, der aber zu dieser Uhrzeit bereits voll belegt ist. So müssen wir ungefähr 10-15 Minuten extra anhängen und steil zum Ausgangspunkt der Wanderung aufsteigen. Wie immer ist aber auch dieser Weg super angelegt und daher kurzweilig.
Am Gipfel befindet sich eine riesige Wetterstation, die wir bereits vom Gipfel des Pico Ruivo gesehen haben. Wir halten uns aber nicht lange dort auf und wollen lieber auf dem Rückweg dort einen Stopp einlegen. Dies war aber keine gute Idee, da bei unserer Rückkehr der Gipfel komplett in den Wolken hängt. Nachdem wir fast 2 Wochen mit strahlendem Sonnenschein und blauem Himmel verwöhnt worden sind, treffen wir auf dieser Höhe zum ersten Mal auf Wolken.
Eines vorweg: Die Wanderung ist extrem beliebt und sicherlich auf der To-Do-Liste so ziemlich jeden Madeira-Wanderurlaubers. Sie ist daher stark überlaufen und es bedarf Geduld, da man an den meisten Stellen nicht überholen kann. Aber: Du solltest sie auf jeden Fall einplanen, da sie landschaftlich umwerfend ist und ein starker Kontrast zu den meisten anderen Wanderungen auf der Insel!
Der Weg startet unterhalb der Wetterstation bereits gut gepflastert und ist auch fast durchgängig bis zum Pico Ruivo so angelegt. Die unzähligen Treppen sind hervorragend in Schuss und die Drahtseilgeländer scheinen auch erst vor kurzem ausgetauscht worden zu sein. Der Weg ist daher durchgängig gesichert, nie zu schmal oder ausgesetzt und daher für so ziemlich jeden Wanderer geeignet, der die notwendige Ausdauer und etwas Wandererfahrung mitbringt.
Der Weg führt anfänglich leicht bergab und bietet bereits hier einen tollen Blick auf die uns bevorstehende Wanderung. Wir passieren das meistfotografierte Highlight der Wanderung – eine Steinpfad, der an seiner schmalsten Strecke ungefähr 1 Meter misst und auf beiden Seiten steil bergab führt. Dies ist die bei Youtubern und Instagramern beliebte Treppe, die tolle Aufnahmen mit der Drohne bietet. An einem Tag wie heute ist daran jedoch nicht zu denken, da dieser Abschnitt immer gut mit anderen Menschen befüllt ist. Zudem sehen die Aufnahmen auf den Videos auch viel eindrücklicher aus als wir sie erleben, so dass wir an dieser Stelle fast ungemerkt vorbeilaufen.
Auf dem Rückweg gelingen mir dann mit etwas Warten doch noch fast menschenleere Aufnahmen.
Wir passieren 2 Aussichtsplattformen, die einen herrlichen Blick auf die umliegenden Gipfel des Zentralgebirges von Madeira und das Tal Faja da Nogueira bieten. Der Weg geht ab hier auf Stufen grösstenteils bergab und hinter jeder Kurve verbirgt sein ein neues, tolles Panorama.
Unterwegs gibt es keinerlei Möglichkeit auf Toilette zu gehen, bis man die Hütte Pico Ruivo erreicht hat. Von daher empfiehlt es sich, vor Beginn der Wanderung noch die letzte Gelegenheit am Pico Arieiro zu nutzen.
Bald schon erreichen wir den ersten der zahlreichen Tunnel. Für diese sollte man unbedingt eine Stirnlampe oder Handylampe für jeden Wanderer dabeihaben, da es in einigen von denen stockdunkel ist und man auch zahlreiche Pfützen durchsteigen muss. Der längste von ihnen misst 150 Meter, die anderen sind viel kürzer.
Zwischen den Tunneln ist der Weg wirklich einmalig angelegt und direkt in den Felsen gesprengt. Der Weg ist noch breit genug, dass man komfortabel entgegenkommende Wanderer kreuzen kann. Am Ende eines jeden Tunnels eröffnet sich wieder ein komplett neuer Blick und eine andere Landschaft.
Als nächstes treffen wir auf zahlreiche Metallleitern, die den steilen Aufstieg erleichtern. Die Steilheit hält für die nächsten 20 Minuten an und hier freut sich derjenige, der fleissig im Fitnessstudio auf dem Stepper war! Der kontinuierlich steile Weg lässt bei jedem Wanderer den Puls in die Höhe schnellen und die gnadenlos vom Himmel scheinende Sonne tut ihr übriges. Von daher ist es auf dieser Wanderung empfehlenswert, 1,5l Wasser pro Person mitzunehmen, um genügend Trinkvorräte zu haben. Wasser kann man übrigens an der Hütte Casa de Abrigo Pico Ruivo neben der Toilette an einem Wasserhahn auffüllen.
Bei den Leitern muss man sich zudem in etwas Geduld üben, da diese schmal sind und immer nur in eine Richtung absolviert werden können. Vor allem beim Abstieg stecken wir hier eine Weile fest, da uns mehrere Wanderer mit starker Höhenangst entgegenkommen, die nur sehr langsam auf den Leitern vorwärtskommen.
Nach dem letzten wirklich steilen Aufstieg auf Steinstufen durch ein kleines Couloir erreichen wir ein breiten Sattel, der sich perfekt für eine längere Pause anbietet. Es hat hier zahlreiche Sitzgelegenheiten und auch genügend Platz für alle, so dass man bequem eine Pause einlegen kann. Ausserdem können wir neugierige Rebhühner mit ihren knallroten Füssen und Schnäbeln beobachten, die auf ein paar Brotkrümel der Wanderer hoffen. Wir haben dieses Plätzchen für unsere Mittagspause genutzt, um das mitgebrachte Sandwich zu verspeisen. Du musst Dir die Verpflegung für die komplette Tour selbst mitnehmen, da es unterwegs keine Verpflegungsmöglichkeiten hat. Später kommen wir zwar zur Pico Ruivo-Hütte, diese bietet aber nur Getränke, Souvenirs und kleine Snacks wie Chips an.
Nach der Verschnaufpause folgt ein kurzer, steiler Abstieg, bevor der Weg flach am Hang entlang verläuft. Hier gab es vor einiger Zeit einen Waldbrand und die Gerippe der Loorbeerbäume sind noch zu sehen. In Kombination mit den zahlreichen gelb blühenden Sträuchern gibt dies tolle Fotomotive. Der Wanderweg wechselt die nächsten 30 Minuten zu einem romantischen Pfad mit überhängenden Ästen, Blümchen am Wegesrand und lieblicher Landschaft.
So idyllisch der Weg ist, gibt es auch hier noch so einige Höhenmeter zu bewältigen. Die Steigung ist jedoch harmlos und dadurch angenehm im Vergleich zum vorherigen Stufenmarathon.
Wir laufen bis zur Pico-Ruivo-Hütte und legen dort eine weitere Trinkpause ein, füllen die Flaschen auf und erholen uns im Schatten. Der Weg würde von hier in ungefähr 20 Minuten zum Gipfel des Pico Ruivo führen. Wir haben diese Wanderung jedoch bereits mit Start am Parkplatz Achada do Teixara unternommen, auch um die heutige Tour für die Kinder zu verkürzen. Ich weiss auch nicht, ob ich sie in diesem Moment für den Aufstieg hätte begeistern können, zumal man ja auf dem Rückweg wieder an Hütte vorbeikommt. Sie hätten hier sicherlich auf uns gewartet und wären nicht mitgekommen.
So starten wir nach der kurzen Pause mit dem Rückweg, der anfänglich sehr entspannt leicht bergab führt. Unterwegs werden wir immer wieder durch Staus abgebremst und dann erreichen wir das anstrengendste Stück der Wanderung – den nie enden wollenden steilen Aufstieg über Hunderte von Treppen hoch zum Pico Arieiro. Hier trennt sich die Spreu vom Weizen und immer wieder legen die Wanderer Verschnaufpausen ein, um den Aufstieg zu bewältigen. Während man auf dem Hinweg die zurückgelegten Höhenmeter nicht so stark gespürt hat, trifft es den Wanderer gegen Ende der Tour bei diesem unendlich wirkenden Aufstieg.
Gegen Ende der Tour ziehen dann auch mehr und mehr Wolken auf und man sieht nichts mehr. Auch jetzt kommen uns noch Wanderer entgegen, die aber wohl den verbleibenden Tag nichts sehen werden. Da diese Art von Wetter sehr typisch für die Gegend ist, sollte man die Tour unbedingt früh am Morgen starten, um die Bergwelt und die Route mit Blick geniessen zu können.
Fazit: Die Wanderung wird überall als schönste Tour der Insel, für viele auch als schönste Wanderung der Welt betitelt. Ja – die Tour ist landschaftlich grandios und einmalig und sicherlich eine der spektakulärsten Wanderungen der Insel. Wir haben jedoch bereits viele andere Wanderungen in zahlreichen Ländern unternommen und würden nicht sagen, dass es für uns die schönste aller Wanderungen war. Dies liegt wohl überwiegend an der Beliebtheit der Tour und demzufolge den Menschenmassen, die sich auf der Tour bewegen und dadurch für uns den Reiz der Wanderung etwas genommen haben. Auch wir sind Teil dieser Massen gewesen, aber es ist für uns als Familie nicht die bevorzugte Art des Wandererlebnisses. Teilweise mussten wir an Leitern Schlange stehen und bei den unzähligen Treppen im Schneckentempo den Berg hoch laufen. Die Hütte unterhalb vom Pico Ruivo und auch der Weg von dort zum Pico Ruivo ist masslos überfüllt, da dort noch der zweite Wanderweg vom Parkplatz Achada do Teixeira hinzukommt.
Empfehlung: Früh starten! Wer seine Familie zum frühen Aufstehen überreden kann, ist hier klar im Vorteil. Die Anreise sowohl vom Norden als auch vom Süden der Insel dauert mindestens 45 Minuten auf steilen Strassen mit unzähligen Kurven und der offizielle Parkplatz unterhalb des Gipfels ist schnell überfüllt. Wir sind gegen 9:30 Uhr am unteren Parkplatz gewesen (ca. 10-15 Minuten zu Fuss zum oberen Parkplatz und zum Gipfel) und haben einen der letzten Parkplätze ergattert. Die Wanderung war bereits zum diesem Zeitpunkt sehr gut besucht und im Laufe des Tages wurden es mehr und mehr Wanderer. Idealerweise daher an diesem Tag noch früher starten als wir!
Verpflegung: Unterwegs keine Verpflegungsmöglichkeiten. Am besten schon in der Unterkunft vorbereiten. Beim Start am Pico Ariero hat es ein Restaurant. Die Hütte unterhalb vom Pico Ruivo bietet kleine Snacks wie Chips an. Dort kann auch die Wasserflasche am Brunnen gefüllt werden.
Toilette: Keine unterwegs! Letzte Toilette am Startpunkt, nächste Möglichkeit in der Pico Ruivo Hütte gegen ein kleines Entgeld.
Ausrüstung: Mindestens 1,5l Wasser pro Person. Sonnenschutz unerlässlich. Wir hatten Wanderschuhe mit hohem Schaft an, würden aber beim nächsten Mal flache, leichtere (Turn-/Wander-)Schuhe mit gutem Profil anziehen (haben auch viele Wanderer mit leichten Schuhen gesehen). Der Weg ist fast durchgängig gepflastert und hervorragend in Schuss. Wir waren jedoch auch bei sehr trockenem Wetter unterwegs – bei rutschigen Wegen, nassem Wetter und tiefhängenden, feuchten Wolken sind Wanderschuhe unabdingbar!
Kleidung: Vergiss nicht, dass Du Dich hier auf knapp 1900 Meter befindest und es empfindlich kalt werden kann. Von daher sollte unbedingt ein warmes Fleece oder sogar eine Daunenjacke mitgenommen werden. Auch wenn wir sie bei unserer Wanderung nicht benötigt haben, kann das Wetter hier oben extrem schnell umschlagen!
Wanderstöcke: Mitnehmen und dann unterwegs entscheiden, ob sie benötigt werden. Bei Knieproblemen helfen sie sicherlich beim Abstieg der zahlreichen Treppenstufen. Auch beim Rückweg können sie Schwung geben, um die unzähligen Stufen zu bewältigen. Wir hatten sie im Rucksack, aber nicht benutzt.
Wetter: Tour nur bei trockenem Wetter durchführen. Bei Regen und schlechtem Bergwetter unbedingt meiden! Es gibt keine Abkürzungsmöglichkeiten und man könnte sich unterwegs nur in den Tunneln unterstellen. Wetterbericht unbedingt am Vorabend checken und die Wanderung ggf. verschieben. Wer möchte, kann morgens auch noch die Webcam anschauen, um das Wetter zu prüfen (meist wird man dann aber schon mit dem Auto unterwegs sein).
Beste Jahreszeit: Die Wanderung ist während des ganzen Jahres möglich. Madeira ist mit seinem gemässigten Klima eine Ganzjahresdestination und bietet auch im Winter angenehme Temperaturen zum Wandern. Wir waren anfangs Mai unterwegs und hatten herrlichen Sonnenschein und 20 Grad in den Bergen.
Anreise: Nur mit Mietwagen oder Taxi möglich. Wer mit jüngeren Kindern unterwegs ist und die Wanderung verkürzen möchte, sollte vom Pico Ruivo zum Parkplatz Achada do Teixara absteigen (Dauer ca. 45 Minuten) und sich von dort mit dem Taxi zum Ausgangspunkt bringen lassen (vorher reservieren, Preis sollte ca. 70 Euro sein). Dies verkürzt die Tour und erspart den langen Rückweg.
ECKDATEN
Dauer | 3:45 Stunden bis zur Pico Ruivo Hütte und zurück |
Höhenunterschied | ↗ 1185 hm ↘ 1185 hm |
Länge | 13.6 km |
Schwierigkeit | anspruchsvoll |
Lage | Pico Arieiro (Madeira) |
Genaue Route | Pico Arieiro – Pico Ruivo Hütte – Retour |
Tour durchgeführt im | Mai 2023 |
Geeignet für Kinder | Konditionell anspruchsvoll. Unzählige Treppen müssen in beide Richtungen zurückgelegt werden. Technisch nicht allzu anspruchsvoll, sofern die Kinder bergerfahren sind. Die heiklen Stellen sind alle durchgängig gesichert. Einige steile Leitern, die jüngere Kinder aber gut bewältigen können. |
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